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17.02.2021

„Ich bin für dich da“

Corinna Clasen ist neue evangelische Klinikseelsorgerin im CaritasKlinikum Saarbrücken
Corinna Clasen, ev. Klinikseelsorgerin
Corinna Clasen, ev. Klinikseelsorgerin

„Ich vergleiche das, was das seelsorgliche Gespräch ausmacht, gerne mit einem schützenden und die Freiheit belassenden Raum, so wie er von Rainer Kunze in seinem Gedicht „Pfarrhaus“ mit wenigen Worten skizziert wird. Die Mauern assoziiere ich mit Schutz nach außen und Geborgenheit nach innen. Als Seelsorgerin unterliege ich der Schweigepflicht. Die Menschen wissen, was sie mit mir besprechen, das dringt nicht nach außen.“


Seit September 2020 arbeitet Corinna Clasen im ökumenischen Seelsorge-Team im CaritasKlinikum. Mit beruhigender Stimme erklärt die evangelische Pfarrerin die Grundsteine ihrer seelsorgerischen Arbeit im CaritasKlinikum Saarbrücken. „Mir ist wichtig, meinen Gesprächspartnern unvoreingenommen und wertschätzend zu begegnen und sie so anzunehmen, wie sie sind. Dabei hilft mir der Gedanke, dass wir beide von Gott angesehene und geliebte Menschenkinder sind.


Für die 50-jährige Theologin waren und sind die Begegnungen mit Menschen seit vielen Jahren lebenserfüllend. „Nach meinem Theologiestudium in Wuppertal und Marburg und dem Vikariat in Wetzlar und Köln, war ich als Pfarrerin in mehreren Gemeinden in Saarbrücken, Düsseldorf und zuletzt Meisenheim tätig. Die Gemeindearbeit ist sehr reizvoll und vielfältig und hat mir immer viel Freude gemacht – gerade auch das Miteinander der Generationen. Doch jetzt war Zeit für etwas Neues. Ich wollte mich stärker auf ein Arbeitsfeld, die Seelsorge, fokussieren.“ Die Seelsorge spielte für sie immer eine große Rolle, doch in der Vielfalt der Gemeindearbeit blieb dafür manchmal zu wenig Zeit. Die früheren Erfahrungen als Seelsorgerin im Caritas-Hospiz in Düsseldorf und die langjährige seelsorgliche Begleitung von Seniorenheimen verfestigten den Wunsch, als Seelsorgerin in einer stationären Einrichtung tätig zu sein. „Mich beeindruckt immer wieder, welche Offenheit in seelsorglichen Gesprächen möglich ist. Menschen vertrauen mir, erzählen mir ihre Lebensgeschichten. Neben Gelungenem und Schönem kommen auch Schattenseiten, lange Zeit Verdrängtes oder bislang Unausgesprochenes zur Sprache. Wir schauen gemeinsam auf das Leben, suchen nach Wegen in die Zukunft. Manchmal auch nach einem tragfähigen Glauben. Diese Begegnungen sind für mich kostbare Geschenke, die auch mein Leben bereichern.“


Viele Menschen, die stationär im Krankenhaus behandelt werden, erleben diese Phase als eine besondere Zeit. Die Patienten sind aus ihren gewohnten sozialen Bezügen, dem vertrauten Wohnumfeld und den Alltagsroutinen herausgerissen. Auf einmal gibt es viel Zeit, auf das bisherige Leben zurückzuschauen und Bilanz zu ziehen. Manchmal brechen Sorgen und Ängste auf oder ungelöste Konflikte und alte Schuldgefühle kommen wieder ins Bewusstsein. Manche müssen sich mit schwerwiegenden Diagnosen auseinandersetzen. Die Erkrankung selbst sowie erforderliche Operationen und andere Therapien führen zu körperlichen Veränderungen, die nicht nur Auswirkungen auf das äußere Erscheinungsbild des Körpers haben, sondern auch auf das Selbstbild, die Gedanken- und Gefühlswelt sowie den Alltag und das soziale Leben in Familie, Beruf und Freundeskreis. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten mit Besuchsverbot in den Kliniken sind viele Patienten auf sich allein gestellt. Ihnen fehlen die unmittelbaren Begegnungen mit den Angehörigen. Andere hingegen wollen ihre Angehörigen nicht belasten. Da tut es gut, sich jemanden anvertrauen zu können.


Corinna Clasen geht ebenso wie ihre katholischen Kolleg*innen aktiv auf die Menschen zu. „Ich stelle mich ihnen vor, erzähle, wer ich bin und was ich mache. Und dann schauen wir, ob wir zueinander finden, miteinander ins Gespräch kommen. Manchen hilft es, ihre Ängste und Sorgen offen auszusprechen. Manchmal zeigen mir Patienten auch ihre Wunden. Manche möchten Glaubensrituale durchführen, vielleicht ein Gebet sprechen oder einen Segenszuspruch empfangen – das ist aber kein Muss. Ich lasse jedem die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie weit er oder sie sich öffnen mag und ob Glaubensfragen thematisiert werden. Für mich selbst ist Gott in jedem Gespräch zugegen.


Das entlastet mich, wenn ich an persönliche Grenzen stoße oder Ohnmacht aushalten muss. Und es schützt mich vor der Hybris, in der Seelsorge etwas erreichen zu wollen. Gottes segnendes Handeln ist – um noch einmal im Bild des Gedichtes zu bleiben – das schützende Dach über der Begegnung.“


Um die Menschen gut begleiten zu können, ist auch ein ständiger Austausch mit der Medizin wichtig. „Die Ärzte, Pfleger und Therapeuten kümmern sich schwerpunktmäßig um den Körper, die Seelsorge nimmt die Seele in den Blick. Leib und Seele gehören aber zusammen. Darum ist es wichtig, dass wir voneinander wissen und im Kontakt miteinander sind“, erklärt sie. Und so, wie Corinna Clasen für die Patienten da ist, steht sie auch für die Mitarbeitenden als Ansprechpartnerin zur Verfügung.


„Ich bin für dich da – so kann der alttestamentliche Gottesname JHWH übersetzt werden. Diese Zusage Gottes, die mich in meinem Leben trägt, möchte ich mit meinem Wirken in der Klinik weitergeben und erfahrbar machen.“


Kraft für ihre tägliche Arbeit schöpft die Seelsorgerin dabei aus ihrer eigenen Spiritualität. Dazu gehören neben Zeiten der Stille auch die gemeinsame Feier von Gottesdiensten und das Singen im Chor. Freizeitaktivitäten wie ausgedehnte Spaziergänge, Yoga, der jährliche Aktivurlaub mit dem Fahrrad sowie das Lesen guter Bücher sind ihr weitere Kraftquellen.


PFARRHAUS
(für pfarrer W.)
Wer da bedrängt ist findet
mauern, ein
dach und
muß nicht beten
(aus: Reiner Kunze, Das weiße Gedicht. Essays, Fischer Verlag Frankfurt 1989, S. 114)


Text und Foto: Sabrina Kraß

CaritasKlinikum Saarbrücken St. Theresia Rheinstraße 2, D-66113 Saarbrücken (0681) 406-0 info@caritasklinikum.de
CaritasKlinikum Saarbrücken St. Josef Dudweiler Klosterstraße 14, D-66125 Saarbrücken-Dudweiler (06897) 799-0 info@caritasklinikum.de

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